Forschungshighlight

Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin intensiviert One-Health -Forschung

Eine ganzheitliche Infektionsforschung betrachtet Mensch, Tier, Lebensräume, Klima- und Umweltbedingungen im Zusammenhang. Das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) verstärkt nun seine disziplinen- und institutionenübergreifenden Kooperationen im Bereich der One-Health-Forschung. Herausragendes Beispiel ist das vom BNITM koordinierte europäische Forschungsprojekt „MOBILISE“. Es ist diese Woche in Tallin/ Estland offiziell gestartet. Zudem richtet das BNITM eine neue Professur für Global One Health und einen interdisziplinären Cluster am Institut ein.

Ein erweiterter One Health-Ansatz nutzt vielfältige Datenquellen, um die Bedingungen von Infektionskrankheiten und von Gesundheit in ressourcenarmen Regionen zu analysieren.
©BNITM

Bei fast allen bekannten Epidemien und Pandemien sind Krankheitserreger von Tieren auf Menschen übergesprungen und wurden durch Evolutionsdruck an deren Organismus angepasst. Da die Menschen immer tiefer in natürliche Lebensräume vordringen, steigt die Wahrscheinlichkeit solcher Übersprünge. Der Klimawandel und die zunehmende globale Mobilität begünstigen, dass Infektionsüberträger (Vektoren) wie Stechmücken oder Zecken in neue Regionen eindringen und sich in der Folge dort Krankheitserreger ausbreiten. Das ist eine weltweite Herausforderung für die Infektionsforschung und die Gesundheitsprävention.

In Europa etwa treten durch solche Vektoren übertragene tropische Viren (Arboviren) immer häufiger auf. In den vergangenen Jahren gab es im Mittelmeerraum Ausbrüche des Chikungunya-Fiebers, und die fortschreitende Ausbreitung der Asiatischen Tigermücke erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Denguefieber verbreitet. Das durch Zecken übertragene Krim-Kongo-Hämorrhagische Fieber-Virus hat sich bereits erfolgreich in Südeuropa etabliert. Und das West-Nil-Virus verursacht seit 2018 jährlich Krankheitsfälle in Vögeln, Pferden und Menschen, vor allem in Griechenland und Rumänien, aber auch zunehmend in Deutschland.

Eine internationale Herausforderung

Wenn es um die Kontrolle von Krankheitsausbrüchen und die Vorbereitung auf potenzielle Pandemien geht, muss nicht nur Europa neue Strategien entwickeln. Vor allem in ressourcenarmen Ländern besteht ein Bedarf an flexibel einsetzbaren Laboren, die in der Lage sind, hochinfektiöse Erreger bei Menschen, Tieren und in der Umwelt auch in abgelegenen Gebieten schnell nachzuweisen. Laut der Weltgesundheitsorganisation ist ein sektorenübergreifender One-Health-Ansatz besonders wichtig für die Bekämpfung von Zoonosen, bei denen Krankheitserreger sowohl Menschen als auch Tiere infizieren.

Das BNITM verstärkt seine Aktivitäten zu One Health nun in mehreren Bereichen. Eine international besetzte Professur zu „Global One Health“ soll die One-Health-Forschung zu weltweit drängenden Gesundheitsthemen und zur Verbesserung von Gesundheitssystemen stärken.

„Diese Professur wird die exzellente Forschung des Instituts zu Erregeren und Krankheiten mit der One-Health-geleiteten Infektionsbekämpfung in den betroffenen Ländern verknüpfen“, so Jürgen May, Vorstandsvorsitzender des BNITM. „Daraus erwachsen neue Chancen, globalen Infektionen wirksam zu begegnen.“

Prof. Dr. Jürgen May:ein Forscher, der eine Glatze hat und ein weißes Hemd mit grauem Sakko trägt.
Prof. Dr. Jürgen May   ©BNITM | Dino Schachten

Das Institut ist bereits intensiv in den Forschunsverbund „Infections“ der Leibniz-Gemeinschaft eingebunden, in dem One Health ein wichtiges Thema ist.

Diese Woche startete zudem in Tallin/ Estland das institutionenübergreifende EU-Forschungsprojekt „MOBILISE: A novel and green mobile One Health laboratory for (re-)emerging infectious disease outbreaks“. Es wird mit 4 Millionen Euro gefördert und soll sowohl menschliche als auch tierische und Umwelt-Proben in mobilen Laboren analysieren können.

Das Bild zeigt einen Sprinter mit mobilen Anbauten an beiden Seiten.
Ein möglicher Vorschlag für ein grünes MOBILISE One Health Container-Labor.   ©MDSC Systems OÜ Estland

MOBILISE-Labore: Neuartig, mobil und grün

In den kommenden Jahren wird das BNITM gemeinsam mit dem Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) und weiteren Partnern aus vier europäischen Ländern (MDSC Systems OÜ/, Estland, Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) und Austrian Institute of Technology (AIT)/ Österreich, Rotes Kreuz Bukarest und BEIA Consulting/ Rumänien, und National Public Health Organisation und EXUS/ Griechenland) eine neuartige, qualitätsgesicherte, mobile One-Health-Laborlösung entwickeln.

Ziel ist es, Proben von Menschen, Tieren und Umwelt für die molekulare Diagnostik, Serologie und Mikrobiologie zu verarbeiten. Darüber hinaus wird dieser mobile Laborprototyp der erste sein, der eine neuartige Sequenzierungsplattform der nächsten Generation umfasst. Diese soll in der Lage sein, jedes DNA- oder RNA-Virus zu erkennen, indem sie es frühzeitig an der Quelle aufspürt, an der Interventionsstrategien umgesetzt werden können, bevor es zu einem Übergreifen und einer Ausbreitung auf Menschen oder Tiere kommt.

„Wir entwickeln eine neue Generation mobiler Labore,“ sagt Florian Gehre, der das Projekt zusammen mit Muna Affara auf BNITM-Seite koordiniert. „Sie sollen nicht nur über modernste Diagnostik verfügen; wir wollen sie auch mithilfe von Elektro- bzw. Hybrid-LKW transportieren und mit Solar- und Windenergie betreiben. Auf diese Weise unterstützen wir den Green Deal, nach dem Europa bis 2050 klimaneutral werden soll.“

Nach wie vor durchzieht der One-Health-Gedanke die Arbeit zahlreicher Forschungsgruppen am BNITM, z.B. Infektionsepidemiologie, Virologie, Bakteriologie, Parasitologie, Arbovirologie, Entomologie und Implementationsforschung. Tatsächlich ist One Health besonders wichtig bei der Bekämpfung von sogenannten vernachlässigten Tropenkrankheiten (NTDs): Sie treten in Ländern des Globalen Südens mit niedrigen Einkommen und schlechten hygienischen Bedingungen auf – etwa 1,5 Milliarden Menschen sind weltweit betroffen. Daher wird das BNITM nun einen interdisziplinären Cluster am Institut einrichten, der die One-Health-Aktivitäten zusammenführt, um eine ganzheitliche Forschung zu Infektionskrankheiten zu fördern.

Erst kürzlich hatte das BNITM eine strategische One-Health-Partnerschaft mit dem Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit geschlossen.

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