Forschungshighlight

Warum erkranken manche Menschen schwer und andere nur leicht an Lassafieber?

Die Forschungsgruppe um Prof. César Muñoz-Fontela findet unkontrollierte T-Zell-Aktivierung als eine mögliche Erklärung

Welche Faktoren entscheiden, ob eine Infektion einen schweren oder einen milden Verlauf nimmt? Diese Frage beschäftigt die Forschung nicht erst seit der Coronavirus-Pandemie. Auch beim Lassafieber sind der Krankheitsverlauf und die Heilungschancen höchst unterschiedlich. Eine Forschungsgruppe am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) fand einen Grund in fehlgeleiteten Immunreaktionen: und zwar sowohl in einem Mausmodell der Krankheit als auch bei nigerianischen Lassafieber-Patient:innen.

Lassafieber ist eine Viruserkrankung, die ausschließlich in Westafrika auftritt. Bisher gibt es zur Bekämpfung der Krankheit weder eine zuverlässige medikamentöse Therapie noch einen Impfstoff. Einige Infizierte entwickeln hämorrhagische Verläufe mit lebensbedrohlichen inneren Blutungen, Nierenversagen und schweren neurologischen Symptomen.

Frühere Studien haben bereits angedeutet, dass Probleme in der Immunantwort eine Rolle spielen könnten, insbesondere pathologische T-Zell-Antworten. Welcher Mechanismus dem zugrunde liegt, war aber weiter unklar.

Anhand eines Mausmodells für Lassafieber entdeckte die Forschungsgruppe um Prof. César Muñoz-Fontela, dass T-Zellen während einer Lassa-Virus-Infektion Schäden am Wirt verursachen können: Infizierte Mäuse überlebten, wenn die T-Zellen dezimiert waren (Oestereich et al., PLoS Pathogens 2016).

Das Bild zeigt je zwei blaue und rote Flächen in unterschiedlichen Schattierungen
T-Zell-Antwort bei milden und bei schweren Lassa-Verläufen   ©Journal of Virology
Das Bild zeigt ein verwittertes Hinweisschild auf das Lassa-Forschungsinstitut
Lassafieber-Referenzzentrum in Nigeria   ©Julia Port

Da das BNITM eine langjährige Zusammenarbeit mit dem Lassafieber-Referenzzentrum in Nigeria (Irrua Specialist Teaching Hospital, Edo state, Nigeria) pflegt, untersuchten die Forscher:innen, ob dies auch bei Lassa-Virus-infizierten Menschen der Fall ist. In den Jahren 2017-2018 führten sie während einer Lassafieber-Epidemie in Irrua klinisch-immunologische Studien durch und bewerteten die T-Zell-Antworten in Abhängigkeit vom Schweregrad der Erkrankung. Sie fanden heraus, dass es bei schweren und tödlichen Lassafieber-Fällen zu einer Reaktivierung eines breiten Spektrums von Gedächtnis-T-Zellen kommt, die nicht spezifisch für Lassa sind, zum Beispiel T-Zellen für andere Viren wie Herpesviren. Diese unspezifischen T-Zellen exprimieren Moleküle auf ihrer Oberfläche, die wie Postleitzahlen funktionieren. Sie ermöglichen es diesen T-Zellen, zu infiziertem Gewebe (z. B. der Haut oder des Darm) zu wandern und dort krankhafte Veränderungen (Immunpathologien) zu verursachen. Im Gegensatz dazu konnten infizierte Personen, die nur ein leichtes Lassafieber entwickelten, diese T-Zell-Aktivierung kontrollieren.

Zusammenfassend zeigten die Autor:innen, dass die mit schwerem Lassafieber einhergehende Entzündung zu einer unkontrollierten T-Zell-Aktivierung führt, die eine signifikante Immunpathologie verursacht.

Prof. César Muñoz-Fontela: "Der nächste Schritt ist nun zu überlegen, ob diese Erkenntnisse es uns erlauben könnten, Therapien für Lassafieber-Patienten zu entwickeln."


Originalveröffentlichung:

Port, Julia R. et al: "Severe Human Lassa Fever Is Characterized by Nonspecific T-Cell Activation and Lymphocyte Homing to Inflamed Tissues." Journal of Virology (Oct. 14, 2020). https://doi.org/10.1128/JVI.01367-20

Oestereich, Lisa et al: "Chimeric Mice with Competent Hematopoietic Immunity Reproduce Key Features of Severe Lassa Fever." PLoS Pathogens 2016. https://doi.org/10.1371/journal.ppat.1005656

Ansprechperson

Prof. Dr. César Muñoz-Fontela

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