Pressemitteilung

Moderne Labordiagnostik identifiziert Marburg-Virus in Guinea gerade rechtzeitig

Effektives Management

Hamburg / Conakry, 30. Juni 2022 – Erstmals hat eine internationale Forschungsgruppe die hochansteckende und oftmals auch tödlich verlaufende Marburg-Viruskrankheit in Westafrika nachgewiesen. Die Abteilung Virologie des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin (BNITM) in Hamburg und das Labor für hämorrhagische Fieberviren Guineas (LFHVG*) in Conakry haben in den vergangenen Jahren moderne Diagnosekapazitäten in Waldguinea aufgebaut. „Ein Schlüssel zur schnellen Erkennung und Eindämmung des Ausbruchs im August 2021 war das Frühwarnsystem tief im Landesinneren, in der Stadt Guéckédou“, erklärt Dr. Sophie Duraffour, Virologin am BNITM. Die renommierte Fachzeitschrift The New England Journal of Medicine (NEJM) hat die Methodik und Ergebnisse nun veröffentlicht: doi 10.1056/NEJMc2120183.

Eine elektronenmikroskopische Aufnahme des Marburg-Virus. In schwarz-weiß sind zwei stäbchenförmige Viren zu sehen, die an einem Ende gebogen sind.
©BNITM

Bislang war bekannt, dass die Marburg-Viruskrankheit im östlichen, zentralen und südlichen Afrika vorkommt. Eines der Reservoirs für das Marburg-Virus ist der Nilflughund Rousettus aegyptiacus. Das Marburg-Virus kann bei infizierten Personen ein hämorrhagisches Fieber auslösen, das in 25 bis 90 Prozent der Fälle tödlich verläuft. Einen Impfstoff gibt es nicht.

„Auch wenn es einige Studien vermuten ließen, gab es keinen Beweis, dass die Marburg-Viruskrankheit in Westafrika vorkommt", sagt Duraffour, die die internationale Studie auf Seiten des BNITM leitete. Die langjährige Kooperation mit Forschungspartnern in Guéckédou und Conakry in Guinea habe sich ausgezahlt. Kapazitäten für eine zuverlässige und schnelle Diagnostik von hämorrhagischen Fiebern, einschließlich der Marburg-Viruskrankheit, sind in ressourcenarmen Gegenden fernab der Hauptstadt aufgebaut worden.

„Es ist nun möglich, eine hochmoderne Labordiagnostik dort durchzuführen, wo sie am dringendsten benötigt wird“, ergänzt Duraffour. In diesem speziellen Fall wurde die Diagnose in weniger als zwölf Stunden nach der ersten Alarmierung der Gesundheitsbehörden gestellt.

Zwei Mitarbeiter des LFHVG inaktivieren verdächtige Proben in einer Unterdruck-Glovebox.
Zwei Mitarbeiter des LFHVG inaktivieren verdächtige Proben in einer Unterdruck-Glovebox.   ©Fara Raymond Koundouno

Effizientes Ausbruchsmanagement in Afrika

„Unser Schlüssel zum Erfolg war die langjährige Zusammenarbeit mit unseren Partnern in Hamburg“, betont der guineische Studienleiter Dr. N'Faly Magassouba vom LFHVG in Conakry.

Das Ziel sei immer gewesen, Labor- und Forschungskapazitäten mit gut geschultem Personal an Orten aufzubauen und aufrechtzuerhalten, an denen Ausbrüche am wahrscheinlichsten sind. Das Labor, das die Marburg-Virusinfektion diagnostiziert hat, ist bereits 2016 in Guéckédou eingerichtet worden, etwa 14 bis 16 Autostunden von der Hauptstadt Conakry entfernt. Das Laborteam, geleitet vom Erstautor der NEJM-Publikation, entdeckte den Ausbruch in einem sehr frühen Stadium. Daraufhin leiteten die Gesundheitsbehörden umgehend wirksame Maßnahmen ein, die letztlich eine Ausbreitung der Krankheit verhinderten: Es wurden keine weiteren Fälle registriert.

Ein weiteres Ziel der internationalen Zusammenarbeit ist es, die Sequenzierung von Erregern in Guinea zu ermöglichen. So konnte die Gensequenz des Marburg-Virus direkt in Conakry bestimmt werden. Die schnelle Verfügbarkeit der Sequenz half dabei, den Ursprung des Virus zu finden; am wahrscheinlichsten stammt es aus einem tierischen Wirt, vermutlich einer Fledermaus.

„Das Beispiel in Guinea zeigt, dass unser dezentraler Ansatz, moderne Labordiagnostik in den abgelegenen Gebieten aufzubauen, wo gefährliche Viren am ehesten auf den Menschen übertragen werden, das Risiko eines größeren Ausbruchs tatsächlich reduziert“, so Duraffour. Die Laboratorien dienten bereits einem ähnlichen Zweck bei der Diagnostik und Bekämpfung des erneuten Auftretens der Ebola-Viruserkrankung im Jahr 2021. „Obwohl sich Westafrika nach der großen Ebola-Epidemie von 2014 bis 2016 gut auf neue Ausbrüche vorbereitet hat, ist der Zugang zu moderner Diagnostik in entlegenen Gebieten immer noch gering“, betont die Virologin des BNITM.

Der Aufbau der Laborkapazitäten in Guinea wird durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) im Rahmen des Globalen Gesundheitsschutzprogramms (GHPP**) unterstützt.

Originalpublikation: doi 10.1056/NEJMc2120183

 

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Dr. Sophie Duraffour: eine Forscherin mit langen, braunen Haaren und hellblauer Bluse.
Dr. Sophie Duraffour   ©BNITM | Dino Schachten

*Laboratoire des Fièvres Hémorragiques Virales en Guinée
** mehr über das Global Health Protection Programme (GHPP) 
 

Pressekontakte / Letztautoren

Dr. Sophie Duraffour
Abteilung Virologie
Tel.: +49 40 285380-641
duraffour[at]bnitm.de

Dr. N'Faly Magassouba
LFHVG, Guinea
cmagassouba01[at]gmail.com

 


Hintergrundinformationen

Partner der internationalen Studie

  1. Bernhard Nocht Institute for Tropical Medicine (BNITM), Hamburg, Germany
  2. KU Leuven, Leuven, Belgium
  3. Institut Pasteur Dakar, Dakar, Senegal
  4. Laboratoire des Fièvres Hémorragiques Virales de Guinée (LFHVG), Université Gamal Abdel Nasser, Conakry, Guinea
  5. World Health Organization (WHO) Guinea, Conakry, Guinea
  6. Médecins Sans Frontières (MSF) Belgium, Conakry, Guinea
  7. World Health Organization (WHO), Geneva, Switzerland
  8. University of Nebraska Medical Center, Omaha, NE, USA
  9. Agence Nationale de Sécurité Sanitaire, Conakry, Guinea

     

Über das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin

Das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) ist Deutschlands größte Einrichtung für Forschung, Versorgung und Lehre auf dem Gebiet tropentypischer und neu auftretender Infektionskrankheiten und ein Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Aktuelle Forschungsschwerpunkte bilden Malaria, Wurminfektionen und andere Parasitosen sowie Erkrankungen durch Arboviren und hämorrhagische Fieberviren. Für den Umgang mit hochpathogenen Viren und infizierten Insekten verfügt das Institut über Laboratorien der höchsten biologischen Sicherheitsstufe (BSL4) und ein Sicherheits-Insektarium (BSL3). Das BNITM umfasst das nationale Referenzzentrum für den Nachweis aller tropischen Infektionserreger und das WHO-Kooperationszentrum für Arboviren und hämorrhagische Fieberviren. Gemeinsam mit dem ghanaischen Gesundheitsministerium und der Universität von Kumasi betreibt es ein modernes Forschungs- und Ausbildungszentrum im westafrikanischen Regenwald, das auch externen Arbeitsgruppen zur Verfügung steht. Darüber hinaus pflegt das Institut zahlreiche weitere Kooperationen u.a. in anderen afrikanischen Ländern wie in Gabun, Nigeria, Tansania und Madagaskar.

Ansprechperson

Prof. Dr. Stephan Günther

Leiter / Head of Virology

Telefon : +49 40 285380-547

Fax : +49 40 285380-459

E-Mail : guenther@bnitm.de

Dr. Eleonora Schönherr

Presse- & Öffentlichkeitsarbeit

Telefon : +49 40 285380-269

E-Mail : presse@bnitm.de

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