Pressemitteilung

ERC Consolidator Grant für BNITM-Nachwuchsgruppenleiterin Christine Hopp

Wie Malaria das Immunsystem formt – und warum das bei Autoimmunerkrankungen helfen könnte

Die Immunologin Dr. Christine Hopp erhält einen Consolidator Grant des Europäischen Forschungsrats. Die prestigeträchtige Förderung ist mit rund zwei Millionen Euro dotiert und wird über fünf Jahre vergeben. Hopp wird damit ein interdisziplinäres Projekt vorantreiben, das den Einfluss von Malaria auf das Immunsystem erforscht. Ziel ist, die Grundlagen für neue Ansätze zum einen für bessere Malaria-Impfstoffe und zum anderen für neue Therapien bei Autoimmunerkrankungen zu entwickeln.

Fluoreszenzaufnahme zeigt den Malariaparasiten in einem vielkernigen Entwicklungsstadium, wie er rote Blutzellen befallen hat.
©Immunity Cell Press | Hagadorn et al. 2024

Autoimmunität schützt vor Malaria – klingt paradox, ist aber Ausgangspunkt des ambitionierten Forschungsvorhabens AUTOIMMPRINT: Autoimmunität bedeutet, dass sich das Immunsystem gegen den eigenen Körper richtet. Christine Hopp will in dem Projekt entschlüsseln, wie diese Reaktion offenbar dabei hilft, den Malaria-Erreger wirksam zu bekämpfen. Ihre Hypothese: Eine gewisse, gezielt regulierte Autoimmunität könnte Voraussetzung für den Aufbau einer schützenden Immunantwort gegen Malaria sein.

Malische Wissenschaftler führen routinemäßige klinische Verfahren während Querschnittsbesuchen in Kalifabougou, Mali, durch.
Malische Wissenschaftler führen routinemäßige klinische Verfahren während Querschnittsbesuchen in Kalifabougou, Mali, durch.   ©Christine Hopp

Das Projekt verknüpft klinische Feldforschung in Mali und Ghana mit modernsten Laborverfahren, mit denen sich das Immunsystem analysieren lässt: Das Team vergleicht Autoantikörper und autoreaktive B-Zellen bei Menschen aus Malaria-Endemiegebieten mit denen von Patient:innen, die an Autoimmunerkrankungen wie Lupus leiden. Autoantikörper sind Abwehrstoffe, die sich gegen den eigenen Körper richten, autoreaktive B-Zellen sind spezialisierte Immunzellen, die solche Antikörper bilden können.

Der direkte Vergleich soll zeigen, warum Autoimmunität im einen Fall schützt und im anderen schadet. Ergänzend dazu setzen die Forschenden Tiermodelle ein, um besser zu verstehen, wie das Immunsystem umgekehrt bei chronischer Malaria reguliert wird und so vor Autoimmunität schützt – Wissen, das man nutzen könnte, um neue Ansätze für Therapien bei Autoimmunerkrankungen zu entwickeln. 

Molekulares Gedächtnis aus Jahrtausenden

Christine Hopp will dabei herausfinden, ob sich gewisse Autoimmunreaktionen im Lauf der Evolution als vorteilhaft erwiesen haben, weil sie vor tödlichen Infektionen wie Malaria schützen. Diese evolutionäre Prägung des Immunsystems könnte erklären, warum sich wirksame Immunantworten gegen Malaria – sei es nach Infektionen, sei es nach Impfungen – nur langsam entwickeln: Schutzmechanismen, die Autoimmunreaktionen verhindern, bremsen möglicherweise auch den Aufbau einer robusten Immunität gegen den Parasiten und erschweren so die Entwicklung effektiver Impfstoffe. Zudem interessiert Hopp, wie chronische Malaria-Infektionen das Immunsystem so regulieren, dass es vor Autoimmunerkrankungen schützt. Ziel von AUTOIMMPRINT ist, diese Prozesse auf molekularer und zellulärer Ebene so genau zu verstehen, dass man sie künftig gezielt beeinflussen kann, um Impfstoffe gegen Malaria und Therapien von Autoimmunerkrankungen zu verbessern.

Dr. Christine Hopp: eine Forscherin mit blondem zurückgebundenen Haar, dunkelblauer Bluse und weiß-beigem Netzpullover.
Dr. Christine Hopp   ©BNITM | Dino Schachten
Porträtfoto von Prof. Dr. Jürgen May, eines erfahrenen freundlich blickenden Forschers
Prof. Dr. Jürgen May   ©BNITM | Dino Schachten

„Wir freuen uns außerordentlich über diesen Erfolg“, sagt Prof. Dr. Jürgen May, Vorstandsvorsitzender des BNITM. „Christine Hopp hat mutige, innovative Konzepte, die Grundlagenforschung mit anwendungsorientierten Zielen verknüpfen. Damit hat sie unter anderem schon die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und das Deutsche Zentrum Infektionsforschung (DZIF) überzeugt. Uns bestätigt ihre Auszeichnung mit dem ERC Consolidator Grant in unserer Entscheidung, für Christine Hopp am BNITM eine Nachwuchsgruppe eingerichtet zu haben. Ich wünsche ihr viel Erfolg mit AUTOIMMPRINT“.

Teamaufbau und internationale Vernetzung

Der ERC Consolidator Grant erlaubt Hopp, ihr hochspezialisiertes Team am BNITM in den kommenden Jahren zu erweitern und ihre Forschung voranzutreiben. Daneben plant sie auch, eine internationale Fachkonferenz zu initiieren, die erstmals Wissenschaftler:innen an der Schnittstelle von Infektions- und Autoimmunforschung zusammenbringt. Denn diese beiden Bereiche, so ihre Überzeugung, sollten nicht länger getrennt voneinander betrachtet werden.

Hintergrund

ERC Consolidator Grants gehören zu den prestigeträchtigsten europäischen Einzelförderungen und richten sich an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die eine eigenständige Forschungsagenda etablieren oder ausbauen. Hopps Antrag wurde im stark kompetitiven LS6-Panel der Lebenswissenschaften unter den bestbewerteten Projekten eingestuft.
AUTOIMMPRINT wird am BNITM durchgeführt, das mit langjährigen Kooperationen in Mali und Ghana sowie exzellenten immunologischen Methoden die nötige Infrastruktur und die passenden Partnerschaften bietet.

Zur Pressemitteilung des Europäischen Forschungsrats:

erc.europa.eu/news-events/news/erc-2025-consolidator-grants-results


Über das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM)

Das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) ist Deutschlands größte Einrichtung für Forschung, Versorgung und Lehre im Bereich tropischer und neu auftretender Infektionskrankheiten. Zu den aktuellen Schwerpunkten zählen Malaria, hämorrhagische Fieberviren, vernachlässigte Tropenkrankheiten (NTDs), Immunologie, Epidemiologie, Implementation und die klinische Versorgung bei tropischen Infektionen sowie die Mechanismen der Virusübertragung durch Stechmücken. Das Institut verfügt über mehrere Hochsicherheitslabore, darunter ein Labor der Biosicherheitsstufe 4 (BSL-4) und mehrere Labore der Stufe 3 (BSL-3), darunter ein BSL-3-Insektarium für den Umgang mit hochpathogenen Viren und infizierten Insekten. Neu eingerichtet wurde gerade das Data Science Center. Das BNITM unterstützt den Aufbau von Laborkapazitäten, darunter mobile Labore, in zahlreichen Ländern weltweit, insbesondere im Globalen Süden.

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